In Stade sind kürzlich die LINGA Wochen 2022 zu Ende gegangen. Was mit einer zweiwöchigen Online-Phase begann und in einen 48-stündigen Sprint vor Ort überging, fand seinen Höhepunkt in der Preisverleihung vor zahlreichen geladenen Gästen. Als bestes Projekt wurde die Idee einer niedrigschwelligen Begegnungsstätte für Jung und Alt von Studierenden aus Wolfenbüttel, Buxtehude und Braunschweig ausgezeichnet. 

„Wenn das Wissen in Rente geht – Erfahrungsschatz Alter“ – So lautete das Motto der diesjährigen LINGA Wochen. Soll heißen: Was passiert mit dem Wissen, wenn jemand beispielsweise nach 40 Jahren im Beruf in Rente geht oder nach 20 Jahren den Posten im Ehrenamt aufgibt? Wie können die wertvollen Erfahrungen älterer Menschen bewahrt und an die nächste Generation weitergegeben werden? Mit dieser Fragestellung beschäftigten sich rund 40 Studierende aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen aufgeteilt in acht Teams bei den LINGA Wochen 2022.

Wie kann der Erfahrungsschatz älterer Menschen für die nächste Generation bewahrt werden?

Der Startschuss für die LINGA Wochen fiel bereits am 20.4.2022. Online fanden Kennenlernen und Ideenfindung statt. Die teilnehmenden Studierenden tauschten sich aus und bildeten acht Projektgruppen. Ab jetzt rauchten die Köpfe und die Ideen nahmen mit jedem Tag mehr Gestalt an. Zudem vervollständigten Workshops und Impulse das virtuelle Programm und erfahrene Mentorinnen und Mentoren standen den Teilnehmenden zur Seite.

Nach einer zweiwöchigen Online-Phase ging es für alle Teilnehmenden nach Stade zum 48-Stunden-Sprint. Für diesen Endspurt in Präsenz stand das Havenhostel mit Konferenzraum bereit. Erster Höhepunkt hier: Der moderierte Generationendialog, bei dem die Studierenden in den direkten Austausch mit den anwesenden Seniorinnen und Senioren gingen und ihnen auf den Zahn fühlten. Welche Sorgen bezogen auf ihren Erfahrungsschatz bewegen ältere Menschen? Wie wünschen sie sich einen Austausch und eine Weitergabe ihres Wissens?

Für die meisten Studierenden war dieser Dialog der perfekte Einstieg in den 48-Stunden-Sprint. Viele Ideen bekamen anschließend ihren finalen Feinschliff und teilweise wurde bis tief in die Nacht an den Details und der Präsentation gearbeitet.

Abschlussveranstaltung in Stade

Die große Abschlussveranstaltung fand vergangenen Freitag in der Solarhalle des CFK-Valley in Stade statt. Wie schon der Sprint wurde auch sie komplett in Präsenz durchgeführt. Neben allen Studierenden und ihren Projektgruppen waren auch die Mentorinnen und Mentoren, Dozierenden, Seniorinnen und Senioren sowie weitere geladene Gäste anwesend.

Nach der Begrüßung durch LINGA-Projektleiterin Delia Balzer folgten Grußworte von Björn Kemeter aus dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie von Kai Seefried, dem Landrat des Landkreises Stade. Kemeter freute sich über die Präsenzveranstaltung und lobte sowohl die Kompetenz der Studierenden als auch ihren Blick über den Tellerrand. „Wir sind neugierig“, sagte er bezogen auf die Projekte und was aus ihnen werden könnte.

„Mit LINGA-Wochen-Fieber infiziert“

Landrat Seefried sprach der LINGA seinen Dank dafür aus, die Abschlussveranstaltung in Stade stattfinden zu lassen. Er habe sich sofort mit dem vielzitierten „LINGA-Wochen-Fieber“ infiziert. „Es ist großartig, mitzuerleben, wie junge Menschen nach Stade kommen und Ideen entwickeln“, sagte er. „Alle Ideen haben eine Riesen-Chance.“

Delia Balzer geht durch die Reihen des Publikums beim Abschluss der LINGA Wochen 2022 in Stade.
Bei der Abschlussveranstaltung der LINGA Wochen 2022 in Stade holte Projektleiterin Delia Balzer ein Stimmungsbild aus dem Publikum ein.

Um den Spannungsbogen vor der Preisverleihung noch etwas aufrecht zu erhalten, ließ Projektleiterin Balzer ein paar tragende Persönlichkeiten der diesjährigen Projektwochen während einer Talkrunde zu Wort kommen. Ein Senior aus dem Generationendialog bezeichnete die Veranstaltung als „sehr schön“. Eine Seniorin fügte hinzu: „Wenn ich nicht teilgenommen hätte, hätte ich etwas Wichtiges in meinem Leben verpasst.“

Von Seiten der Studierenden wurde der Dialog als sehr lebendig und aufschlussreich geschildert. Einige Teams bedankten sich sogar namentlich bei „ihren“ Seniorinnen und Senioren für den wertvollen Austausch.

Siegfried Deutsch von der Industrie- und Handelskammer Stade für den Elbe-Weser-Raum bezeichnete den drohenden Wissensverlust der älteren Generation als eine der großen Herausforderungen für das kommende Jahrzehnt. In Stade seien brillante Ideen entwickelt worden, die alle den ersten Platz verdient hätten.

Prof. Karsten Ley von der beteiligten Hochschule 21 schilderte, wie sich Studierende des Fachbereichs Architektur in die Fragestellung einbringen konnten. Architektur sei ein Fachbereich, den man im ersten Moment nicht bei einem solchen Projekt erwarten würde, erläuterte er. Doch wenn man sich vor Augen führe, dass Architekten nicht einfach nur Häuser bauten, sondern ganze Lebenswelten erschufen, dann passte die Beteiligung doch ganz gut.

Irene Stroot, Geschäftsführerin der Demografieagentur für die Wirtschaft GmbH, machte den Studierenden ein spontanes Hilfsangebot bei der Verwirklichung ihrer Projekte. „Wenn Sie Ihre Idee auf die Straße bringen möchten, kommen Sie auf uns zu.“

Preisgelder vom Landkreis Stade gestiftet

Jetzt hatte das Warten ein Ende. Die besten drei Projekte der LINGA Wochen 2022 präsentierten sich und wurden bei der finalen Siegerehrung aufs Treppchen verteilt. Die Preisgelder wurden vom Landkreis Stade gestiftet. Die Jury, bestehend aus Kemeter, Seefried, Deutsch, Stroot sowie Ilka Dirnberger, Vorsitzende des Landesseniorenrats Niedersachsen, gab ihre Entscheidung bekannt:

Der dritte Platz und damit ein Preisgeld von 500 Euro ging an das Projekt „Frag Metis“, das sich mit dem Erfahrungsschatz von Ehrenamtlichen beschäftigt. Die Idee besteht aus einer Wissensbörse für das gesamte Ehrenamt. Über eine Webseite sollen sich Wissensgeber und Wissbegierige vernetzen können, beispielsweise scheidende Ehrenamtliche mit neuen Funktionstragenden. Über Workshops, Coachings, Stammtische und ähnliches soll das Wissen weitergeben werden, und zwar bundesweit, vereinsübergreifend und zugänglich für alle Altersklassen. Die Jury bezeichnete das Projekt als „tolles Element für das Ehrenamt“.

Das Team Metis bei der Preisverleihung in Stade.
Das drittplatzierte Team „Frag Metis“ (vorne, von links): Michael Sander (Soziale Arbeit, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft), Nele Burgstaler (Psychologie, TU Braunschweig), Paul Richwien (Führung in Dienstleistungsunternehmen, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft) und Wiebke Münkel (Psychologie, TU Braunschweig). Es fehlt Charlotte Hoppe (Physiotherapie, Hochschule 21). Hinten: Kai Seefried (links) und Björn Kemeter.

Mit dem zweiten Platz und einem Preisgeld von 1000 Euro wurde das Projekt „Café ELBE“ ausgezeichnet. Die Idee dahinter besteht aus einem Begegnungs-Café. „Elbe“ ist in diesem Fall die Abkürzung für „Erleben und Begegnen“. Geschaffen werden soll ein Wohlfühlort, an dem in entspannter Atmosphäre und bei Kaffee und Kuchen moderierte Dialoge und Generationengespräche stattfinden können. Wer sein Wissen teilen möchte, soll es an Menschen weitergeben können, die von den Erfahrungen lernen und profitieren möchten. Das Projekt soll in Stade gestartet und später bundesweit fortgeführt werden. „Ein gutes Motto und Konzept“, fand die Jury.

Das Team Elbe bei der Preisverleihung der LINGA Wochen 2022.
Platz zwei ging an das Projekt „Café ELBE“ (vorne, von links): Sophia Heinlein (Psychologie, TU Braunschweig), Pauline Brinkmann (Führung in Dienstleistungsunternehmen, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft), Erik Ehlers (Physiotherapie, Hochschule 21), Julia Reinholz (Architektur, Hochschule 21) und David Schultz (Gerontologie, Universität Vechta).

Projekt „PuzzMe“ gewinnt LINGA Wochen 2022

Sieger der LINGA Wochen 2022 und damit Preisträger von 1500 Euro wurde das Projekt „PuzzMe“, das eine möglichst einfache Kontaktaufnahme zwischen Jung und Alt anstrebt. Gelingen soll das über das Symbol zweier verbundener Puzzleteile, das als Aufsteller oder Aufkleber an jedem beliebigen Ort zum Dialog einladen soll. Durch das Anbringen oder Aufstellen dieses Logos können überall Begegnungsorte entstehen, ähnlich wie bei den bereits existierenden „Plauderbänken“, allerdings mit deutlich geringerem Aufwand. Den Prototypen für den Aufsteller hatte übrigens der Architekturstudent im Team entworfen. „Bock auf Austausch? Trau dich!“, ist der Appell der Projektgruppe. „Niedrigschwellig, schnell umsetzbar, fröhlich und frisch“, lobte die Jury.

Das Siegerteam "PuzzMe" bei der Preisverleihung der LINGA Wochen 2022 in Stade.
Zum Sieger der LINGA Wochen wurde das Team „PuzzMe“ gekürt (vorne, von links): Emely Vysoudil (Führung in Dienstleistungsunternehmen, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft), Cedric Beck (Physiotherapie, Hochschule 21), Theresa Scheelen (Psychologie, TU Braunschweig), Johannes Isheim (Architektur, Hochschule 21) und Emilie Newie (Soziale Arbeit, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaft). 

So gingen die LINGA Wochen 2022 in Stade mit zahlreichen strahlenden Gesichtern sowie tief beeindruckten Fachleuten zu Ende. Im kommenden Jahr soll dieses Herzensprojekt des LINGA Teams in Stadthagen durchgeführt werden.

Zur Abschlussveranstaltung der LINGA Wochen 2022 hat das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Bei der LINGA finden Sie weitere Infos zu den LINGA Wochen.

(Bilder: Daniel Beneke)